Rekordbrand TÜPl Allentsteig
Weitgehend unbeachtet der medialen Aufmerksamkeit ereignete sich Ende März der flächengrößte Wald- und Flurbrand in Österreich seit 130 Jahren. Bei Schießübungen am TÜPl Allentsteig (NÖ) kam es zu zwei ausgedehnten Bränden, die in Summe rund 1000 Hektar (oder 10 km²) Land erfassten, davon mehr als 400 Hektar Waldboden.
Abschätzung der Brandfläche durch das Europäische Waldbrandinformationssystem
© 2022 EFFIS
In Begleitung von Oberst Andreas Berger wurden die Brandflächen von einem Mitarbeiter des Instituts für Waldbau an der BOKU Wien besichtigt. Hauptproblem bei der Brandbekämpfung war die Tatsache, dass in erster Linie munitionsbelastetes Gelände in Flammen stand. Hier konnten und durften aufgrund der Blindgängergefahr ohne geeigneten Splitterschutz keine Brandbekämpfungsmaßnahmen gesetzt werden. Die speziell auf Flur- und Waldbrände in munitionsbelasteten Gebieten ausgebildete Feuerwehrkräfte des Bundesheeres sowie die aus dem Umland alarmierten Freiwilligen Feuerwehren mussten sich darauf beschränken, von Forststraßen und Brandschneisen aus gegen die Flammen vorzugehen und die Grasflächen entlang der Wege mit Wasser zu benetzen.
Der erste bemerkenswerte Brand ereignete sich am Abend des 24. März 2022. Vermutlich entzündete sich der leicht brennbare Phosphor in Munitionsresten und setzte das durch die Trockenheit ausgedörrte Altgras des Vorjahres in Brand. Das Feuer griff rasch um sich, erfasste auch den Waldboden in einem laubholzdominierten Bestand. Erschien der Brand zunächst unter Kontrolle, loderten die Flammen am Folgetag erneut auf und breiteten sich auf weitere Waldbestände aus, sodass in Summe nicht nur etwa 150 Hektar Flur, sondern auch rund 40 Hektar Waldboden geschädigt wurden. Der Brand konnte anschließend durch die Feuerwehrkräfte des TÜPl mit splittergeschützten Löschfahrzeugen und dem Einsatz von Gegenfeuern gelöscht werden.
© 2022 Mortimer M. Müller, Institut für Waldbau, BOKU Wien
Der zweite Brand, der gleichzeitig die größte zusammenhängende Vegetationsbrandfläche in Österreich seit Ende des 19. Jahrhunderts bedeuten dürfte, wurde am Vormittag des 26. März 2022 durch eine Sprenggranate ausgelöst. Auch hier brannten zunächst mit hohem Reitgras bestandene Flurflächen. Da der Entstehungsbrand aufgrund der Windverhältnisse nicht gelöscht werden konnte und Brandschutzstreifen vom Feuer übersprungen wurden, erfasste die teilweise mehrere Kilometer lange Flammenfront auch die angrenzenden Waldbestände. Bei vielen der betroffenen Waldstücke handelte es sich um bereits durch Borkenkäfer vernichtete Fichtenbestände, weshalb es kaum zu Kronenfeuer kam. Allerdings wurden zahlreiche Jungwuchs- und Aufforstungsflächen ein Raub der Flammen. In den Nachtstunden konnte das Feuer unter Kontrolle gebracht werden, doch gab es an den Folgetagen weitere Brandausbrüche, wobei die Flammen teilweise Brandschneisen und Forststraßen übersprangen. Erst am 31. März kam es durch die Wetterumstellung und Niederschläge zu einer Beruhigung der Lage. Vorläufiges Fazit: Eine Brandfläche von rund 800 Hektar, davon etwa 400 Hektar Waldboden.
© 2022 Mortimer M. Müller, Institut für Waldbau, BOKU Wien
Die beiden Brände am TÜPl in Allentsteig zeigen eindrücklich die Folgen, wenn Vegetationsbrände nicht adäquat bekämpft werden können. In Zukunft wird man sich auch in Österreich auf flächengrößere und vor allem intensivere Waldbrände einstellen müssen. Unter geeigneten Bedingungen (wie etwa im Sommer 2013) sind über das Zusammenspiel von Dürre, Hitze und starkem Wind Extrembrände möglich, die durch die Einsatzkräfte kaum unter Kontrolle gebracht werden können und eine Gefahr für Infrastrukturen, Siedlungsräume und damit auch Menschenleben darstellen.