Großbrand Innsbruck | Geringe Waldbrandgefahr?
Am Samstag, 27. Dezember 2025 ereignete sich bei Innsbruck ein großflächiger Waldbrand, trotz Winterzeit, tiefem Sonnenstand und daher augenscheinlich geringer Waldbrandgefahr. Oder war es doch etwas anders?
Der Vegetationsbrand entstand kurz nach Mittag entlang eines Wanderweges auf der Nordkette oberhalb von Innsbruck in rund 1500m Seehöhe. Durch weggeworfene pyrotechnische Gegenstände geriet das trockene Gras in Brand und das Feuer breitete sich in den angrenzenden Hochwald aus. Vereinzelt kam es sogar zu Kronenfeuer im Fichtenbestand, also dem Verbrennen von Baumwipfeln. Bis zum Abend konnte der Waldbrand unter Kontrolle gebracht werden, die Nachlöscharbeiten dauern aber auch zwei Tage nach dem Ausbruch des Feuers an – zum Medienbericht auf tirol.orf.at.
Rund sieben Hektar Wald und Wiese an der oberen Baumgrenze hat dieser Vegetationsbrand erfasst – womit es sich um den flächengrößten Dezember-Waldbrand seit mehr als 30 Jahren handelt. Allerdings kommen Winter-Waldbrände in den Alpen immer wieder vor. Die Ursachen hierfür lassen sich an den oben fett markierten Begriffen beschreiben:
1) Zu Mittag ist die Sonneneinstrahlung am größten, die Temperatur im Winter am höchsten und die Luftfeuchtigkeit am geringsten, womit auch die höchste Entzündungsgefahr gegeben ist; aber nur in höheren Lagen: Unterhalb von ca. 1000m Seehöhe ist es in der kalten Jahreszeit durch Inversionswetterlagen und (Hoch)Nebel zu feucht für Vegetationsbrände.
2) Auf der „Nordkette“ bedeutet, dass es sich um einen südexponierten Hang gehandelt hat – der durch die mehrwöchige Trockenheit, überdurchschnittliche Temperaturen und viel Sonnenschein schneefrei war.
3) Ohne (anthropogene) Zündquelle gibt es im Winter keine Brände. Feuerwerk ist um Silvester der Hauptauslöser unkontrollierter Feuer.
4) Im Spätherbst stirbt das Gras ab und ist bis zum Frühjahr und dem Neuaustrieb der Vegetation als leicht entzündliche Biomasse der Hauptträger von Vegetationsbränden. Mehr dazu: Die Krux mit den Frühjahrsbränden.
5) Fichten in offenen oder unbewirtschafteten Waldbeständen bzw. in Hanglage sind besonders durch Kronenfeuer gefährdet, da ihre Äste bis zum Boden reichen oder benachbarte Jungbäume als Feuerleitern dienen können.
Winterbrände gab es bereits in der Vergangenheit, aber durch den Klimawandel (höhere Temperaturen, geringere Schneebedeckung, längere Trockenperioden) und den menschlichen Einfluss (mehr Waldbesucher und Zündquellen) gibt es auch in den kalten Monaten häufiger das Potenzial für Waldbrände. Noch brandintensiver war es übrigens vor zehn Jahren Ende 2015, als nach mehrwöchiger Trockenheit zahlreiche Waldbrände in Tirol, Vorarlberg, Salzburg und der Steiermark verzeichnet wurden, darunter einige mit Brandflächen um oder über einem Hektar.
Eine Abschätzung der Waldbrandgefahr im Winter und zeitigen Frühjahr ist schwierig. Viele Gefahrenindizes, wie der weltweit eingesetzte kanadische Fire Weather Index (FWI), sind nicht für die Wintermonate geeignet. Waldbrände im Winter haben häufig den Charakter von Flurbränden, weshalb es einen Index braucht, der rasch auf trockene Bedingungen reagiert. Daraus hinaus müssen die Schneebedeckung und die Exposition berücksichtigt werden – auf nordexponierten Hängen sind Winterbrände praktisch ausgeschlossen.
Näherungsweise kann der kanadische Fine Fuel Moisture Code (FFMC), ein Subindex des FWI, der die Trockenheit der Streuschicht beschreibt, als Indikator für brandgefährliche Bedingungen im Winter herangezogen werden. Ende Dezember war der FFMC in vielen Bereichen der österreichischen Nordalpen gemäß den Berechnungen von EFFIS erhöht.
In den kommenden Tagen stellt sich die Großwetterlage nachhaltig um. Zunächst ist eine stürmische Nordwestströmung zu erwarten, anschließend gerät Mitteleuropa zunehmend unter Tiefdruckeinfluss. Die damit verbundenen Niederschläge, wenig Sonnenschein auch im alpinen Bereich, tiefe Temperaturen und höhere Luftfeuchtigkeit sollten überall zu einer sehr geringen Vegetationsbrandgefahr führen.




