Die Krux mit den Frühjahrsbränden
Im Frühjahr ereignen sich trotz ergiebiger Niederschläge und einer damit geringen Waldbrandgefahr mitunter ausgedehnte Vegetationsbrände. Wenige Wochen später ist die gegenteilige Situation zu beobachten: Selbst bei großer Trockenheit werden kaum noch Waldbrände verzeichnet. Aber warum ist das so?
Wir schreiben Ende Februar 2019: In Gebieten, die noch vor Kurzem schneebedeckt waren und in denen die Niederschlagsbilanz der letzten Wochen deutlich positiv ausgefallen ist, ereignen sich zwei großflächige Waldbrände; und das, obgleich die Waldbrandgefahr als gering eingestuft wird.
Diese beiden Fälle sind keine Ausnahme. Fast jedes Jahr entstehen im (zeitigen) Frühjahr – manchmal auch im restlichen Jahr – Wald- und Flurbrände, mit denen aufgrund der Niederschlags- oder Schneesituation kaum jemand rechnet. Charakteristisch dabei ist, dass die Feuer auf südseitigen Hängen mit offenem Waldbestand ausbrechen. Dazu ist es meist überdurchschnittlich warm, sonnig und ausgesprochen windig. Warum es zu solchen Bränden kommt, dafür gibt es mehrere Gründe.
- Im Frühjahr spielt der menschliche Faktor eine entscheidende Rolle. Oft wird nicht angenommen, dass es bereits trocken genug für eine Brandausbreitung ist. Unachtsamkeit (etwa das Abbrennen von Raumhaufen oder das Ausbringen heißer Asche) führt häufig zu unkontrollierten Feuern. Nicht selten bricht das Feuer dabei in Siedlungsnähe aus und breitet sich anschließend auf angrenzende Flur- und Waldflächen aus.
- Brennmaterial auf offenen Flächen trocknet rascher aus, als im Waldinnenraum. Wenn es sich um feines, abgestorbenes Material wie totes Gras aus dem Vorjahr handelt, kann es – überdurchschnittliche Wärme, kräftigen Wind und Sonnenschein vorausgesetzt – bereits wenige Stunden nach einem Regenereignis bzw. nach dem Abschmelzen der Schneedecke trocken genug für eine Entzündung sein. Passend dazu brechen die meisten Feuer im Februar und März auf Wiesenflächen oder am Waldrand aus. Aber auch für das restliche Jahr gilt: Rund 80% aller Waldbrände entfachen auf Offenflächen oder in Bestandeslücken.
- Waldbrände im zeitigen Frühjahr haben demnach, ebenso wie Winterbrände, oft den Charakter von Flurbränden – was bedeutet, dass in erster Linie die trockene Gras- oder Streuschicht des Vorjahres brennt. Solche Brände können sich zwar, etwa bei Föhnwind, rasch ausbreiten, sind aber nur mit geringen Schäden für den Waldbestand verbunden. Dies ist einer der Gründe, weshalb keine hohe Waldbrandgefahr gilt, bei der das Potenzial für bestandesvernichtende Vollbrände bzw. Kronenfeuer besteht. Die derzeit in Österreich verwendeten Gefahrenmodellierungen können das Risiko für Flur- und Frühjahrsbrände nur ungenügend abbilden
- Daneben muss die räumliche Auflösung von Waldbrand-Gefahrenmodellen berücksichtigt werden. Eine Berechnung auf 1 x 1km gilt als Stand der Technik, wie es derzeit auch an der ZAMG modelliert wird, dennoch können die Effekte von Schatt- und Sonnenhängen im Gebirgsraum nicht abgebildet werden. Besonders deutlich zeigt sich dies eben im Frühjahr: Während die Nordhänge im Schnee versinken, kann der gegenüberliegende Sonnenhang bereits schneefrei sein – und damit potenziell Feuer fangen. Eine Gefahrenabschätzung für Wald- und Flurbrände im Winter und Frühjahr ist somit schwierig und benötigt eine verbesserte und detailliertere Risikomodellierung, etwa auf Basis eines Grasland-Feuerindex.
So weit, so gut. Doch Frühjahrsbrände bereiten noch andere Schwierigkeiten. Im Lauf des Aprils kommt es zu einer markanten Änderung des beschriebenen Verhaltens.
Jetzt dreht sich das Phänomen nämlich um: Selbst wenn es meteorologisch gesehen sehr trocken ist, sinkt die tatsächliche Waldbrandgefahr zunächst im Flachland, später auch in mittleren Lagen auf ein geringes Niveau. Der Grund liegt im Vegetationsaustrieb: Zwischen Anfang und Ende April beginnen Gräser und Sträucher in tiefen Lagen auszutreiben. Das junge, frische Grün enthält jedoch viel Wasser und fängt nur schwer Feuer. Daneben ändert sich das Mikroklima im Bestand – es wird feuchter. Aus diesen Gründen sinkt die Waldbrandgefahr auch bei Fortbestand der Trockenheit, zumindest in Laub- und Mischwäldern. In nadelwalddominierten Beständen mit fehlender oder schwach ausgeprägter Kraut-/Strauchschicht kann sie unverändert bleiben. Im Mai ist dieses Phänomen dann auch in höheren Lagen zu beobachten.
Mit der ersten Hitzewelle des Jahres (die meist nicht vor Mitte Juni auftritt) wird die Vegetation auf Wiesen, in Strauch- und Laubwaldflächen wieder trocken genug für markante Waldbrandereignisse. Mehr zur Krux mit der Waldbrandgefahr kann HIER nachgelesen werden.